Die Aschen des Vesuvs

Die Aschen des Vesuvs

Wir näherten uns dem Ziel unserer Reise. Neapel wichen wir im Regen aus. Alles war grau – der Himmel, die Häuser, die Stimmung gedämpft, auch im Bus. Vorfreude und Wehmut wechselten sich ab. Bald würde unsere gemeinsame Reise enden.

Pompeji

Der Stellplatz lag direkt beim Eingang zur Ausgrabung von Pompeji. Wir waren müde, andererseits war das kühle Wetter ideal für einen Besuch – Peppina konnte im Auto bleiben, denn Hunde über 10 Kilo dürfen nicht in die Ausgrabungsstätte.

Endlich Pompeji. Unsere Erwartungen waren hoch.

Weitläufig, staubig, voller Geschichte und voller Touristen. Beeindruckend, aber auch überwältigend. Dicke Mauern, holprige, grobe Strassen, halbe Tempel, Fresken – Pompeji ist riesig und massig. Wir schlenderten durch das antike Netz, bewunderten Mosaike und Wohnhäuser. Nach zwei Stunden hatten wir kaum die Hälfte gesehen und unsere Aufmerksamkeit war erschöpft.

Am Abend suchten wir dann Erholung in einem römischen Themenrestaurant. Die Fotos, die dort von uns gemacht wurden, zeigten zwei erschöpfte Besucher – wie geschlagene Römer. Der Tag endete mit einer unserer lustigen Abende.

Vesuv

Es war Zeit für einen Ortswechsel. In Ercolano am Fusse des Vesuvs fanden wir den nächsten Campingplatz. Da das Wetter gewendet hatte, fuhren wir mit einem Shuttlebus auf den Vesuv. Es stieg steil und kurvenreich den Vulkan hinauf. Mit jeder Biegung wurden die Ausblicke weiter – das Meer, Neapel, Ercolano, die Berge. Ein gleichmässiger, grüner Kegel mitten in grauweissen Städten.

Oben angekommen, war auf einmal alles so klar. Wir konnten uns bildlich vorstellen, was passiert war, denn auch jetzt bebt die Erde rund um Neapel noch, auch jetzt steigt ein zartes Räuchlein aus dem Innern des Vulkans.

Im Jahr 79 nach Christus begruben Lava, Asche und heisse Luft die Region für die nächsten zweitausend Jahr unter sich – kaum vorstellbar. Ganze Städte verschwanden in Minuten. Wir konnten uns den Ausbruch plötzlich vorstellen, als wären wir selbst dabei gewesen. Das war der Höhepunkt unserer Reise. Die Wanderung am Kraterrand, der Blick auf Pompeji und Herkulaneum, das Wissen um die Geschichte. Es wirkte tief. 

Herculaneum

Die Ausgrabungsstätte von Herculaneum ist kleiner, intimer als Pompeji, und erstaunlich gut erhalten, weil die Hitze und Asche-Staubwelle innert Sekunden alles bedeckt und konserviert hat. In Pompeji hingegen war alles viel zerstörerischer wegen der Steinlawine.

Doch am meisten berührten uns die Menschen.

Levin war sichtlich betroffen, als wir die Bootslager zuunterst erreichten. Dort liegen Skelette – Frauen, Kinder, dicht beieinander, in der Bewegung erstarrt, in der sie damals 79 n.Chr. von dem tödlichen Auswurf überrascht wurden. So liegen sie noch immer da.

Man nimmt an, dass viele Männer auf dem Meer Hilfe suchten. Daher fand man kaum Opfer in der Stadt – offenbar hatten sich die Menschen am Ufer versammelt. Und obwohl die Katastrophe fast zweitausend Jahre zurückliegt, wurden die Skelette erst in den 1980er Jahren entdeckt. Auch das macht nachdenklich.

Levin stand lange schweigend da. Vielleicht war es die Nähe. Vielleicht das Wissen, dass es Kinder waren. Herculaneum bleibt – in unseren Gedanken. Und in unseren Herzen.

2 Gedanken zu „Die Aschen des Vesuvs

  • Mai 26, 2025 um 6:00 pm Uhr
    Permalink

    Wie immer wunderbar zum Lesen, sehr informativ und voller Emotionen. 🙏🏻 liebe Verena.
    Silvia und Urs

    Antwort
  • Mai 26, 2025 um 6:02 pm Uhr
    Permalink

    Wie immer wunderbar zum Lesen, sehr informativ und voller Emotionen.
    🙏🏻 liebe Verena!
    Silvia und Urs

    Antwort

Schreibe einen Kommentar zu Silvia Dietiker Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Der Zeitraum für die reCAPTCHA-Überprüfung ist abgelaufen. Bitte laden Sie die Seite neu.